Vegetarismus und versteckte tierische Produkte – Teil 2

Wenn Menschen in den Industrienationen auf Fleisch oder Fisch verzichten, sind häufig ethisch-moralische, gesundheitliche oder ökologische Gründe, oft auch kombiniert, entscheidend. Es wird geschätzt, dass ↗︎ sich heute etwa 10 % der deutschen Bevölkerung vegetarisch ernährt, wobei die Gründe für eine vegetarische oder vegane Ernährung unterschiedlich sind. Einerseits spielen Aspekte der Ökologie und Nachhaltigkeit (Wasserverbrauch, Rodung, Treibhausgase etc.) in Zeiten des Klimawandels eine stetig wachsende Rolle für viele Konsumenten. Es wird geschätzt, dass ein Rind pro Jahr genauso viele Treibhausgase ausstößt wie ein Pkw der 18.000 km pro Jahr fährt. Für viele Menschen ist die fleischlose Ernährung aber auch ein Zeichen ihrer Unterstützung des Tierschutzes bzw. der Ablehnung von Massentierhaltung, unsäglichem Stress für die Tiere durch Transporte, Käfighaltung und Schlachtungen. Diese ethischen Bedenken spielen für viele Menschen eine gewichtige Rolle, ganz nach dem Motto von George Bernhard Shaw: „Tiere sind meine Freunde und meine Freunde esse ich nicht“. Tatsächlich ging der Fleischverbrauch in Deutschland in den vergangenen Jahren leicht zurück. Es wird geschätzt, dass Jahr für Jahr weltweit über 20 Milliarden Geflügeltiere getötet werden, sowie zwei Milliarden Stall- und Weidetiere, die dem Menschen als Nahrung dienen. Es ist generell unüblich, Produktions-Hilfsstoffe in Zutatenlisten aufzuführen, die oftmals tierisch sind. Häufig vorkommende Änderungen in der Rezeptur können dazu führen, dass ein lieb gewonnenes veganes oder vegetarisches Produkt plötzlich und unbemerkt tierische Bestandteile enthält. Beim aufmerksamen Lesen der Zutatenlisten wird man in so manch einem Produkt, welches ausschließlich für die vegetarische Ernährung deklariert ist, doch fleischliche Erzeugnisse finden. Zudem sind die Begriffe „vegetarisch“ und „vegan“ nicht rechtlich definiert. Es lohnt sich daher, mal ein wenig Licht in den Verpackungsmantel zu bringen, welche Lebensmittel für Vegetarier geeignet sind, und wovon mal lieber die Finger lassen sollte. Käse Die allermeisten Käsesorten, insbesondere Hartkäse, beinhalten sogenanntes Kälberlab, der aus dem Magen geschlachteter Tiere hergestellt wird. Dies ist auch bei Käsesorten in Bio-Qualität der Fall. Wer Käse essen will, der ohne den Einsatz tierischen Labs hergestellt wurde, sollte darauf achten, dass dieser mit pflanzlichen oder mikrobiellen Labaustauschstoffen hergestellt wurde. Süßigkeiten, Süßspeisen und Fruchtsäfte Gummibärchen, Joghurt, Pudding und Fruchtsäfte können tierische Gelatine enthalten. Gelatine wird aus Rinderknochen hergestellt, seltener auch aus Schweineknochen. Fruchtgummi ohne tierisches Gelatine sind heute auch erhältlich, meist in Bio-Läden. Schokolade Verbraucherschützorganisationen (z. B. Foodwatch) haben oftmals Milchzucker in eigentlich milchfreien Schokoladen festgestellt. Dabei lag der Wert an Milchzucker zwischen 0,3 bis 0,4 Gramm pro 100 Gramm Schokolade. Brot und Kekse Um Backwaren voluminöser zu machen, und den Teig für Plätzchen, Brot und Brötchen elastischer und knetfähiger, kommt L-Cystein (E920) zum Einsatz. Wenn Mehl mit E920 behandelt wird, verkürzt sich der Backvorgang, das spart Geld und Zeit. L-Cystein kommt manchmal sogar in vegetarischen Produkten vor – als künstliches Fleischaroma. Die Aminosäure L-Cystein wird aus Tierhaaren, Menschenhaaren, Horn und Federn gewonnen, kann aber auch im Labor mit Hilfe von Bakterien hergestellt werden. Chips und Knabberzeug Herzhafte Knabberprodukte enthalten oft Bestandteile von Huhn, Schwein oder Wild, die unter anderem als Aromazusatz verwendet werden. In der Zutatenlisten tauchen sie aber nicht auf, was nach derzeitigem rechtlichem Stand auch zulässig ist. Rote Getränke, Süßigkeiten, Marmeladen Hinter der Nummer E120 verbirgt sich ein roter Farbstoff, der aus Schildläusen hergestellt wird. Karmin oder Cochenille nennt man das Pulver aus den getrockneten und gemahlenen Läusen. Bis vor ein paar Jahren war es zum Beispiel im knallroten Aperol enthalten. In einigen roten Limonaden, Bonbons oder Weingummi kommt E120 aber noch vor. Obst und Kaffee E901 ist die Bezeichnung für Bienenwachs, welches als Überzug für Obst verwendet wird. Dann hält es die Feuchtigkeit besser und trocknet nicht so schnell aus. Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Melonen und Zitrusfrüchte können auf diese Weise behandelt werden. Zugelassen ist das Wachs auch für Kaffeebohnen, um die Verarbeitung zu erleichtern. Zudem ist Schellack (E904/Ausscheidung der Gummischild-Lacklaus) zugelassen. Wachs kann allerdings auch pflanzlichen Ursprungs sein – Candelillawachs (E902) oder Carnaubawachs (E903). Wein und andere Getränke die Trübstoffe enthalten Damit Wein und Bier auch nach längerer Lagerung schön klar bleiben, werden Trübstoffe (Schwebeteilchen) herausgefiltert. Das geht mit Mineralstoffen wie Aktivkohle – aber auch mit tierischen Hilfsmitteln. Wie beim Saft kann man dafür Gelatine aus Knochen verwenden oder auch Eiweiß. Das Getränk wird dadurch geklärt und ansprechender. In der Zutatenliste steht Gelatine nicht, weil sie nach dem Filtern nicht mehr im Saft enthalten ist. Sie ist ein reiner Hilfsstoff bei der Verarbeitung. Aber auch ein Bestandteil vom Fisch kommt mitunter zum Einsatz: die Hausenblase, getrocknete Fischblasen von Stör, Hausen oder Wels. Nach dem Filtern bleibt angeblich nichts Tierisches im Getränk zurück.

Vegetarismus und versteckte tierische Produkte – Teil 1

Der Vegetarismus hat seine Ursprünge im Jahr 3200 v. Chr., als die alten ägyptischen Zivilisationen begannen, sich vegetarisch zu ernähren, basierend auf dem Glauben, dass der Verzicht auf Fleisch die Reinkarnation erleichtern würde. In Indien, einer weiteren Wiege des Vegetarismus, wurde diese Praxis auch mit der Tatsache in Verbindung gebracht, dass Hindus Kühe als heilig ansehen und die Prinzipien der Gewaltlosigkeit hochhalten. Von Pythagoras, dem griechischen Gelehrten, der um 570 bis 500 vor Christus lebte, stammt der heute so moderne Gedanke: „Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen zurück.“ Er war der Meinung dass Fleischkonsum die Menschen aggressiv macht, gemäß dem Motto: „Solange der Mensch Tiere tötet, wird er auch Menschen töten“. Ovid, Plutarch und auch der Philosoph Seneca, Voltaire und Russeau waren Anhänger von Pythagoras, aber eine richtige Bewegung wurde niemals daraus. Der Begriff „Vegetarier“ wurde erst 1847 in England eingeführt. In Deutschland kam die vegetarische Bewegung, auch mit der Entwicklung der Homöopathie, nach dem Ersten Weltkrieg ins öffentliche Gespräch. Im Laufe der Geschichte wurde die Ausbreitung des Vegetarismus mit Religionen in Verbindung gebracht, die Gewaltlosigkeit und Respekt für alle Lebewesen lehren, wie z. B. der Hinduismus oder der Buddhismus. Zahlreiche Studien haben mittlerweile bewiesen (↗︎ Beispiel), dass Vegetarier seltener an inflammatorisch bedingten Zivilisationskrankheiten leiden und eine deutlich höhere Lebenserwartung haben. So erkranken Vegetarier seltener an Krebs oder Diabetes, haben bessere Blutdruckwerte, leiden seltener unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und unter Übergewicht. Doch nicht immer ist es einfach, im kleingedruckten sprachlichen Wirrwarr des Lebensmittel-Fachjargons zu erkennen, ob Lebensmittel Inhaltsstoffe oder Verunreinigungen aus Fleisch enthalten. Der Blick auf die Zutatenliste allein bietet wenig Sicherheit bei der Wahl vegetarischer oder veganer Produkte. Einige Zutaten werden als E-Nummern angegeben, die vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern unbekannt sind. Anderweitige Inhaltsstoffe werden gar nicht erst aufgeführt, da sie nicht deklarierungspflichtig sind. Bei vielen Zutaten ist auch nicht immer klar, ob es sich um eine pflanzliche oder tierische Variante handelt. Daher fordern Organisationen wie Foodwatch, Verbraucherzentralen, der Vegetarierbund oder die Vegane Gesellschaft seit Langem eine Verschärfung der Kennzeichnungspflicht. Denn das Problem liegt in der Gesetzgebung: Zutaten müssen auf der Verpackung klar gekennzeichnet sein – Zusatzstoffe, Aromen oder Produktions-Hilfsstoffe dagegen nicht. Produkte, die mit dem V-Label lizenziert der ↗︎ Europäischen Vegetarischen Union gekennzeichnet sind, werden auf ihre Zusammensetzung und jeden Produktionsschritt überprüft. Das V-Label ist somit eine verlässliche und schnelle Orientierungshilfe, die das Lesen von Zutatenlisten überflüssig macht. Hinter E-Nummern und Namen verbergen sich oftmals tierische Inhaltsstoffe Wörter wie „Lecithin“ oder „E322“ klängen unverfänglich, aber dahinter steckt womöglich Hühnerei. Welche Zusatzstoffe und Aromen sind tierischen Ursprungs? Welche tierischen Zusätze dienen als Überzug, Aroma oder Geschmacksträger? Welche Enzyme und sonstige Tier-Erzeugnisse waren Hilfsstoffe bei der Verarbeitung oder der Produktion? Sich im Dickicht der E-Nummern zurechtzufinden ist alles andere als einfach. Viele der Zusatzstoffe können synthetischen wie tierischen Ursprungs sein. Der chemische Stoff ist am Ende der gleiche – aber so kann dieselbe E-Nummer vegetarisch sein oder nicht. Vor allem bei Erzeugnisses Fetten und Ölen ist das oft so: Wurde das Mittel aus Schweineschmalz, Rindertalg oder Milchfett hergestellt? Oder doch aus Soja-, Raps- oder Maisöl?  

Vitamin K

Vitamin K (Vitamin K1, Vitamin K2,) ist keine einheitliche Substanz sondern umfasst eine Gruppe von Substanzen die alle ein gemeinsames Grundgerüst haben. Sie unterscheiden sich voneinander durch die verschiedenen Seitenketten am gemeinsamen Grundgerüst und zählen zu den fettlöslichen Vitaminen (so wie die Vitamine A, D und E). Vitamin K kommt in der Natur als Vitamin K1 vor (Phyllochinon, welches vor allem in Grünpflanzen enthalten ist) und Vitamin K2 (Menachinon, welches von Darmbakterien wie E. coli oder Lactobacillus acidophilus im terminalen Kolon und Ileum gebildet wird. Welche Rolle diese „Eigenproduktion“ spielt, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Die betreffenden Bakterien kommen in einem Darmabschnitt vor, aus dem normalerweise weniger fettlösliche Vitamine in den Körper gelangen. Deshalb nimmt man an, dass das von Darmbakterien produzierte Vitamin K für die Versorgung des menschlichen Körpers kaum eine Rolle spielt. Beide Formen des Vitamins haben die gleiche Wirkung, anscheinend ist aber K2 die aktivere Form des Vitamins mit einer deutlich längeren Halbwertszeit als diejenige von Vitamin K1. Neben den natürlichen Verbindungen Vitamin K1 und K2 gibt es noch das synthetische Vitamin K3 (Menadion), welches früher zur Behandlung von Vitamin-K-Mangel eingesetzt wurde. Es ist mittlerweile aufgrund seiner schädlichen Wirkungen auf die Leber und die roten Blutkörperchen (hämolytische Anämie) nicht mehr zugelassen. Im Organismus ist Vitamin K für die Synthese der Blutgerinnungsfaktoren II, VII, IX und X sowie der Proteine C und S in der Leber verantwortlich. Ohne Vitamin K kann der Körper diese Faktoren nicht herstellen und damit auch keine Blutungen stoppen. Dabei fungiert Vitamin K als Cofaktor bei der Synthese von Gamma-Carboxyglutaminsäure aus Glutaminsäure, was für die genannten Proteine von Bedeutung ist, da hierdurch die Bindung des für die Blutgerinnung bedeutsamen Calciums beeinflusst wird. Vitamin K ist wichtig für den Knochenstoffwechsel, die Knochenfestigkeit und die Regulation des Knochengewebes. Es hemmt den Knochenabbau bei Frauen nach den Wechseljahren. Das Enzym Osteocalzin, das die Knochenmineralisierung reguliert, ist nämlich Vitamin K-abhängig. Untercarboxyliertes Osteocalcin geht mit einer reduzierten Knochendichte einher und erhöhtem Risiko für Hüftgelenksfrakturen. Im Stoffwechsel der Fette ist Vitamin K2 von Bedeutung, zumal es Cholesterin senkende Eigenschaften hat. Kalkablagerungen in Weichteilen wie Blutgefäßen und Knorpeln werden durch Vitamin K verhindert. Vitamin K unterstützt die Regulation von Zellprozessen (wie Zellteilung) sowie bei Reparaturprozessen in Augen, Nieren, Leber, Blutgefäßen und Nervenzellen. Auch im mitochondrialen Energiestoffwechsel ist Vitamin K von Bedeutung. In Tierversuchen mit der Fruchtfliege hat man nachgewiesen, dass Vitamin K2 Bestandteil der Atmungskette ist oder sein kann. Bei einem Vitamin K2-Mangel funktionierten zwar die Komponenten der Atmungskette normal, der Elektronen-Transport war jedoch deutlich eingeschränkt. Als Folge kam es zu einer drastischen Reduktion der ATP-Bildung, d. h. Energie-Produktion. Welches ist der Tagesbedarf an Vitamin K? Die empfohlene Tagesmenge liegt laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene je nach Altersstufe und Geschlecht zwischen 60 und 80 Mikrogramm. Babys im ersten Lebensjahr haben einen täglichen Vitamin K-Bedarf von 4 bis 10 Mikrogramm, Kinder je nach Altersstufe einen Tagesbedarf zwischen 15 und 50 Mikrogramm. Wegen der begrenzten Speicherfähigkeit von Vitamin K im Körper sollte man täglich ausreichend über die Nahrung aufnehmen. Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs, besonders grüne Gemüsesorten, sind sehr gute Vitamin K-Quellen. So zählen vor allem grüne Gemüsesorten wie grüne Blattsalate und grüne Kohlsorten (z. B. Brokkoli, Rosenkohl, Grünkohl) zu den Vitamin K-reichen Lebensmitteln. Auch Kräuter wie Schnittlauch, Algen und Pflanzenöle sind gute Quellen. Natto, ein fermentiertes Sojabohnenprodukt aus Japan, ist eine Quelle mit hohem Vitamin K2-Vorkommen. Fleisch, Eier und Milchprodukte enthalten nur geringe Mengen an Vitamin K2. Vitamin K-Gehalt ausgewählter Lebensmittel (in Mikrogramm pro 100 Gramm Lebensmittel) Apfelsine     3,8 Avocado     19 Birne     4,9 Blumenkohl     57 Brokkoli     270 Butter     7 Chester/Cheddar, 50 % Fett i. Tr.     2,3 Chinakohl     80 Emmentaler, 45 % Fett i. Tr.     2,6 Erdbeeren     5,0 Flunder     3 Grünkohl     817 Hering (Atlantik)     25 Hühnerleber     80 Kabeljau     1,3 Kalbsleber     88 Knollensellerie     41 Kopfsalat     109 Kräuterfrischkäse     30 Kürbiskernöl     112 Magerquark     1,0 Natto     70 Olivenöl     33 Petersilie     360 – 790 Pflaumen     8,3 Rapsöl     150 Rindfleisch (Muskel)     12 Rosenkohl     236 Schnittlauch     380 Scholle     1,2 Schweinefleisch (Muskel)     18 Seelachs     1,6 Speisequark, 40 % Fett i. Tr.     50 Spinat     305 Spirulina-Alge     70 Sprotte     21 Traubenkernöl     280 Trinkmilch, 3,5 % / 1,5 % Fett     0,5 / 0,1 Weintrauben     15 Quellen: Gröber U. Mikronährstoffe – Metabolic tuning – Prävention – Therapie. 2011. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart Kuklinski, B. Lunteren I. Gesünder mit Mikronährstoffen – schützen Sie Ihre Zellen vor „Freien Radikalen“. 2016. Aurum Verlag Meyer R. Chronisch gesund. 2009 Ross, A.C., Caballero B. Cousins, R. J., Tucker, K. L. & Ziegler, T. R. Modern Nutrition in Health and Disease. 2014. Wolters Kluwer Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. Orthomolekulare Prävention und Therapie. 280-285. 1. Auflage. Urban & Fischer Verlag, München 2004 Schümann K: Kupfer. In: Biesalski HK, Köhrle J, Schümann K: Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Prävention und Therapie mit Mikronährstoffen. 147-150. Thieme Stuttgart, New York; 2002