Das ernährungswissenschaftliche Denken des vergangenen Jahrhunderts bestand hauptsächlich darin, dass die Nahrung sich aus Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten, Mineralstoffen, Vitaminen, Ballaststoffen und Wasser zusammensetzt. In den vergangenen 20 – 30 Jahren wurden jedoch unzählige bioaktive Substanzen in Lebensmitteln entdeckt, die nachgewiesene protektive und gesundheitsfördernde Wirkungen haben. Essenzielle Nährstoffe sind für den Menschen lebensnotwendig, da sie nicht selbst in ausreichender Menge gebildet werden können (z. B. Vitamine, Mineralstoffe, einige Amino- und Fettsäuren). Heute berichten wir über die Bedeutung der Phospholipide und Cardiolipide.
Phospholipide
Hierbei handelt es sich um eine Untergruppe der Lipide, deren Molekül einen Phosphorsäure-Rest enthält. Besonders reich an Phospholipiden sind das Knochenmark, das Gehirn, das Herz und die Leber. Phosphatidylcholin (Lecitin) und Phosphatidylserin sind mit die wichtigsten Phospholipide im menschlichen Organismus. In den Zellmembranen kommt das Phosphatidylcholin als dominierendes Phospholipid vor und ist auch gleichzeitig ein „Reservoir“ für Cholin. Besonders reich an Phospholipiden sind rohe Pflanzenöle (z. B. Soja-, Weizenkeim- oder Sesamöl), Krillöl (ein Extrakt aus dem antarktischen Krill; reines Krillöl enthält bis zu 40 % Phospholipide), Samen, Wurzeln und Knollen mancher Pflanzen, Hefe und Pilze. Welche biologischen Funktionen haben die Phospholipide?
- Sie verleihen den Zellmembranen ihre Struktur, und sorgen damit für die richtige Funktion, Elastizität und Signalübertragung der Zellen.
- Phospholipide sind besonders in die Myelinscheide angereichert, einer lipidreichen Schicht welche die fadenförmigen Fortsätze mancher Nervenzellen umgibt. Die Myelinscheide erhöht die Geschwindigkeit der Erregungsleitung von Nervensignalen erheblich und sie besteht zu 70 % aus Fetten. Daher erscheinen Regionen im Zentralnervensystem weiß, wenn sie viel Myelin enthalten (auch als „weiße Substanz“ benannt). Mit der „grauen Substanz“ bezeichnet man Gehirnregionen mit wenigen Myelinscheiden.
- ↗︎ Mitochondriale Phospholipide sind mit die wichtigsten Bausteine der Mitochondrien. Sie verleihen der äußeren und inneren Membranen ihre Form. Aus den Phospholipiden entstehen auch andere charakteristische mitochondriale Strukturen wie die Cristae (gebildet aus den Einstülpungen der inneren Mitochondrienmembran), die Matrix (Bereich innerhalb der Cristae) und der Intermembranraum, der die äußere und die innere Mitochondrienmembran voneinander trennt. Darüber hinaus enthalten diese Membranen Sterole, Sphingolipide und eine Vielzahl von Proteinen. Mitochondrien sind in der Lage, einige der benötigten Phospholipide zu synthetisieren, aber der Großteil der ↗︎ Lipidbiosynthese findet im zellulären endoplasmatischen Retikulum in Verbindung mit dem Golgi-Apparat statt. Da Mitochondrien als dynamische Organellen ständig Spaltung und Fusion durchlaufen, müssen sie für die Membranintegrität konstant und ausreichend reguliert und mit Phospholipiden als „Baumaterial“ versorgt werden.
Cardiolipin
Cardiolipine sind eine besondere Art von Phospholipiden, denn sie enthalten 4 sogenannte „Fettsäurereste“. Ihre Bezeichnung bezieht sich auf das Herz, da aus diesem Organ die Cardiolipine zum ersten Mal isoliert wurden. Sie kommen ausschließlich in den Membranen von Mitochondrien (vor allem in der inneren Membran) und Bakterienmembranen vor. Der Cardiolipin-Anteil macht etwa 20 – 30 % aller mitochondrialen Phospholipide aus. In der inneren Membran ↗︎ stabilisieren die Cardiolipine die mitochondrialen Atmungskomplexe. Man kann sich daher die Cardiolipine wie eine Art „Leim“ vorstellen, der die Komplexe der Atmungskette in der inneren Mitochondrienmembran verankert. Sie sind die einzigen Phospholipide, die in den Mitochondrien synthetisiert werden. Man vermutet auch, dass Cardiolipine an die DNA binden kann und dadurch an der Genregulation beteiligt sein könnten.
In unserem Newsletter vom 18. Juli haben wir über Carnitin berichtet. Damit die Fettsäuren in die Mitochondrien gelangen, benötigen sie Carnitin. Dort werden die Fettsäuren über die sogenannte „ß-Oxidation“ in kleinere Einheiten gespalten und der weiteren mitochondrialen Energieproduktion zugeführt. L-Carnitin gilt als daher als “Fatburner”. Cardiolipin unterstützt den Carnitin-vermittelten Transport von Fettsäuren in die Mitochondrien, die daran beteiligten ↗︎ Enzyme (z. B. Carnitin-Acyltransferase) enthalten Cardiolipin.