Biotin (Vitamin H/B7)

Biotin (auch als Vitamin B7 oder Vitamin H bekannt) ist ein wasserlösliches Vitamin, das am Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel beteiligt ist. Es wird in Enzymreaktionen benötigt, bei denen Nahrungsenergie umgewandelt wird. Biotin wird aber auch für die Bildung der DNA und der RNA benötigt. Als Cofaktor für Carboxylase-Enzyme ist Biotin an verschiedenen Stoffwechselwegen beteiligt. Die Pyruvatcarboxylase ist an der Glukoneogenese beteiligt, die in den Mitochondrien abläuft. Darunter versteht man die Bildung von D-Glucose aus Vorstufen wie Pyruvat, Oxalacetat und Dihydroxyacetonphosphat. Dies ist ein universeller Stoffwechselweg bei allen Lebewesen. Dieses Enzym ist auch an der Regulierung des Blutzuckerspiegels und der Bildung von Fettgewebe beteiligt. Auch für die Reifung des Gehirns wird dieses Enzym benötigt. Die Propionyl-CoA-Carboxylase wird für den Stoffwechsel von Aminosäuren und Fetten benötigt. Die Methylcrotonyl-CoA-Carboxylase ist ein Enzym, das zum Abbau der Aminosäure Leucin benötigt wird. Die Acetyl-CoA Carboxylase wird zum Aufbau von Fettsäuren benötigt, als Vorläufer der Prostaglandine. Eine wichtige Funktion erfüllt Biotin bei der Proteinsynthese und insbesondere bei der Keratinproduktion. Daher auch seine Bedeutung im Kontext eines gesunden Nagel- und Haarwachstums. Erste Hinweise auf ein Defizit sind Veränderungen der Haut, Haarausfall sowie brüchige und splitternde Fingernägel. Bei nitrosativem Stress sind oftmals marginal oder pathologisch niedrige Biotinkonzentrationen im Blut nachweisbar. Biotin wirkt in den Mitochondrien gemeinsam mit Vitamin B12, denn beide Vitamine sind Coenzyme von zwei direkt aufeinander folgenden Enzymreaktionen. Die Biotin-abhängige Reaktion liefert dabei den Ausgangsstoff für die Vitamin B12-abhängige Reaktion. Bei einem Biotin-Mangel bleibt Vitamin B12 wirkungslos, die entsprechende Enzymreaktion kann nicht ablaufen. Es kommt zu einem funktionellen B12-Mangel, das Vitamin kann seine Coenzym-Funktion nicht erfüllen, selbst wenn es in ausreichenden Mengen vorhanden ist. Daher empfehlen Nährstoffexperten auch die Supplementierung mit Biotin im Rahmen einer Vitamin-B12-Therapie. Mangelerscheinungen sowie Überdosierungen sind nicht bekannt, denn der Bedarf wird weitestgehend vom Körper selbst produziert. Auch eine gesunde Darmflora produziert Biotin in ausreichenden Mengen. In Nahrungsmitteln liegt Biotin überwiegend in Protein-gebundener Form vor. Leber, Sojabohnen und Eigelb gehören zu den Lebensmitteln mit hohem Biotingehalt. Auch in Hefe, Avocados und Spinat ist Biotin enthalten. Weniger Biotin findet sich man in Pilzen, Hülsenfrüchten, Nüssen und Getreide. Jugendliche (ab 15 Jahren) und Erwachsene benötigen etwa 30 – 60 µg Biotin pro Tag. Ein erhöhter Biotinbedarf besteht bei älteren Personen, Schwangeren, Stillenden, Sportlern, und bei langfristiger parenteraler Ernährung. Typische Symptome eines Biotinmangels sind Alopezie, ekzemartige Hautausschläge, seborrhoische Dermatitis, Bindehautentzündung und vielfältige neurologische Symptome wie Depression, Lethargie, Hypotonie und Krampfanfälle. Während die neurologischen Symptome bei schwererem Biotinmangel auftreten, erscheinen die dermatologischen Manifestationen oft zuerst und sind daher ein wichtiger Indikator. Aufgrund seiner relativ niedrigen Kosten und der reichlichen Verfügbarkeit in kosmetischen Produkten, ist Biotin zum neuen Verbrauchertrend für gesündere Haare und Nägel geworden. Biotin reagiert sehr empfindlich auf Radikalbelastungen, insofern ist eine erhöhte Zufuhr bei oxidativen Stress immer angebracht. Weitere Indikationen bestehen z. B. zur allgemeinen Prävention, bei mitochondrialen Dysfunktionen, psychischen Störungen, wiederkehrenden Candida-Vaginalmykosen, Diabetes Typ 2, zur Verbesserung der Glukosetoleranz, bei peripheren Neuropathien und atopischer Dermatitis. Quellen Gröber U. Mikronährstoffe – Metabolic tuning – Prävention – Therapie. 2011. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart Trüeb, R. M. Serum biotin levels in women complaining of hair loss. Int. J. Trichology 8, 73–77 (2016). Mock, D. M. Biotin. in Encyclopedia of Dietary Supplements 31–40 (CRC Press, 2004). Mock, D. M. Biotin: From nutrition to therapeutics. J. Nutr. 147, 1487–1492 (2017). S.M.O. Biotin deficiency. J. Nutr. Educ. 13, 96 (1981). León-Del-Río, A. Biotin in metabolism, gene expression, and human disease. Journal of Inherited Metabolic Disease 42, 647–654 (2019). Patel, D. P., Swink, S. M. & Castelo-Soccio, L. A Review of the Use of Biotin for Hair Loss. Ski. appendage Disord. 3, 166–169 (2017). Meyer R. Chronisch gesund. 2009 Ross, A.C., Caballero B. Cousins, R. J., Tucker, K. L. & Ziegler, T. R. Modern Nutrition in Health and Disease. 2014. Wolters Kluwer Kuklinski, B. Lunteren I. Gesünder mit Mikronährstoffen – schützen Sie Ihre Zellen vor „Freien Radikalen“. 2016. Aurum Verlag Alberts B, Johnson A, Lewis J, et al.: Molecular Biology of the Cell. 2017 Berg JM, Tymoczko JL, Stryer L. Stryer: Biochemie. 2018

Vitamine: Dosierung, Kontraindikation, Mangelsymptome, Überdosierung

Vitamin A Empfohlene Zufuhr (DGE) Jugendliche und Erwachsene: 0,8 – 1,1 mg (2.666 – 3.666 I.E.) Retinol Schwangere: 1,1 mg (3.666 I.E.) Retinol Stillende: 1,5 mg (5.000 I.E.) Retinol Nährstoff-Verfechter halten Dosen von 5.000 – 25.000 IE reinem Vitamin A und 40.000 IE Carotinoide für sinnvoll. Kontraindikationen Hypervitaminose A, Hirndrucksteigerung, Retinoidtherapie. Hochdosistherapie: Leber- und Nierenschäden, Glaukom, schwerer Diabetes mellitus, Leber- und Nierenschäden. Mangelsymptome Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Infektanfälligkeit (Bronchitis, Atemwegsinfekte, Pneumonie), Nachtblindheit, Austrocknung der Bindehaut, Blendempfindlichkeit, trockenes Auge, Erblindung, gestörte Spermatogenese, trockene, schuppige und faltig Haut, spröde Nägel, häufige Infekte, erhöhtes Krebsrisiko (Brust-, Kehlkopf-, Lungen-, Gastrointestinal-, Prostata-, und Speiseröhrenkrebs), gestörte mitochondriale Funktion (reduzierte Aktivität von Komplex I und II), Überfunktion der Schilddrüse. Überdosierung Ist generell möglich, tritt aber selten auf, bei mehr als dem 500- bis 1.000-fachen der offiziellen Normaldosis (> 500.000 bis jenseits von 1.000.000 IE). Symptome: Appetitverlust, Erbrechen, Abschälen der Haut, aufgeplatzte Lippen, Alopezie, Kopfschmerzen, starke Müdigkeit, Schwindel, Knochenabbau, erhöhtes Risiko für Hüftgelenksfrakturen, Wachstumsstörungen, vergrößerte Milz. Vitamin B1 – Thiamin Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 0,6 – 1,1 mg/d Erwachsene: 1,1 – 1,3 mg/d Schwangere: 1,3 mg/d Stillende: 1,3 mg/d Vitaminforscher dosieren sehr viel höher: Prävention: 5 – 20 mg/d; Therapie: 100 – 900 mg/Tag. Kontraindikationen Verdacht auf Thiamin-Überempfindlichkeit. Mangelsymptome Herzrhythmusstörungen, Atemnot, Beklemmungsgefühle, Kribbeln in den Extremitäten, Nervenentzündungen, Muskelschmerzen, psychische Störungen und Depressionen. Überdosierung Negative Folgen einer Überdosierung sind generell nicht bekannt (außer bei Injektionen). Vitamin B2 – Riboflavin Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 0,7 – 1,2 mg/d Erwachsene: 1,0 – 1,4 mg/d Schwangere: 1,4 mg/d Stillende: 1,4 mg/d Vitaminforscher können sehr viel höher dosieren, bis 50 mg/d, im Rahmen der mitochondrialen Therapie können sogar Dosierungen von 200 – 400 mg/d verordnet werden. Kontraindikationen Verdacht auf Riboflavin-Überempfindlichkeit. Mangelsymptome Mattigkeit und Antriebsarmut, Veränderungen der Haut und der Schleimhäute. Überdosierung Unerwünschte Wirkungen wurden selbst bei hohen Dosierungen nicht beschrieben, da Riboflavin eine geringe Toxizität hat. Vitamin B3 – Niacin Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 8 – 13 mg/d Erwachsene: 11 – 16 mg/d Schwangere: 16 mg/d Stillende: 16 mg/d Vitaminforscher können sehr viel höher dosieren, bis zu 3.000 mg/d, bei arteriosklerotischen Durchblutungsstörungen bzw. erhöhten Blutfettwerten. Generelle Dosierungen liegen bei 800 mg/d. Kontraindikationen Diabetes, Herzinsuffizienz, nach Herzinfarkten, vorhandene Herzschrittmacher, akute Blutungen, akute Magengeschwüre, Hyperurikämie, Leberfunktionsstörungen, Allergie gegen Nacin. Mangelsymptome Appetitmangel, depressive Verstimmungen, Erschöpfung, Gedächtnisstörungen, Abnahme der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, gerötete, rissige und schuppige Haut, Immunsuppression. Überdosierung Dosierungen über 100 mg/d können einen „Flush“ auslösen. Ab 1.500 mg/d ist eine Kontrolle der Leberwerte notwendig. In der Literatur wurde über Leberzellschädigung bei einer täglichen Dosierung über 2.000 mg berichtet. Vitamin B5 – D-Panthenol Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 4 – 6 mg/d Erwachsene: 6 mg/d Schwangere: 6 mg/d Stillende: 6 mg/d Kontraindikationen Nicht bekannt Mangelsymptome Abgeschlagenheit, Anämie, Immunschwäche, Müdigkeit, Kopfschmerzen, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Schwäche, geringe Stressresistenz, Entzündungen der Schleimhäute von Mund, Nase, Atemwegen und Gastrointestinaltrakt, gestörte Wundheilung, Bauchkrämpfe, Erbrechen, Obstipation, Übelkeit, Muskelkrämpfe, Taubheit, Kribbeln in den Zehen, Reflexstörungen, Störungen des Fettsäurehaushaltes. Überdosierung Pantothensäure gilt als ungiftig. Bei der Einnahme von 10 Gramm Vitamin B5 täglich kann es zu leichten Durchfällen kommen. Vitamin B6 – Pyridoxin-HCl Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 0,6 – 1,4 mg/d Erwachsene: 1,4 – 1,6 mg/d Schwangere: 1,6 mg/d Stillende: 1,6 mg/d Nährstoffexperten empfehlen bis zu 200 mg täglich. Kontraindikationen Bei bestimmungsgemäßer Anwendung sind weder Kontraindikationen noch schwerwiegende Nebenwirkungen bekannt. Mangelsymptome Niedergeschlagenheit, erhöhte Infektanfälligkeit, Reizbarkeit, depressive Verstimmungen, Schlaflosigkeit, Glossitis, Stomatitis, Muskelatrophie, Sensibilitätsstörungen, Störungen im Neurotransmitterhaushalt. Überdosierung Neuropathien, neurotoxische Effekte. Vitamin H/B7 – D-Biotin Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 20 – 35 µg/d Erwachsene: 40 µg/d Schwangere: 40 µg/d Stillende: 45 µg/d Nährstoffexperten empfehlen eine maximale tägliche Dosis von 200 – 300 µg. Kontraindikationen Biotin-Überempfindlichkeit Mangelsymptome Appetitlosigkeit, Schläfrigkeit, Schwäche, depressive Verstimmung, Haarausfall, brüchige Fingernägel, trockene und schuppige Haut, Muskelschmerzen, Neuropathien, Hyper-, Parästhesien. Überdosierung Allergische Hautreaktionen (Urtikaria) können in seltenen Fällen auftreten. Selbst bei oralen Dosierungen von bis zu 200 mg pro Tag wurden keine toxischen Effekte beobachtet. Vitamin B9 – Folsäure Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 120 – 300 µg/d Erwachsene: 300 µg/d Schwangere: 550 µg/d Stillende: 450 µg/d Kontraindikationen Megaloblastämie infolge eines Vitamin B12-Mangels. Mangelsymptome Anorexie, Blässe, Depression, schnelle Ermüdbarkeit, Gewichtsverlust, Kurzatmigkeit, Vergesslichkeit, Hyperhomocysteinämie, erhöhtes Schlaganfallrisiko, erhöhtes Risiko für kolorektale Neoplasien, Störungen des Knochenstoffwechsels Risiko für Aborte, Down-Syndrom, Risiko für Demenz, Polyneuropathie. Überdosierung Selten: allergische Reaktionen, Pruritus, Einschlafstörungen und gastrointestinale Störungen. Vitamin B12 – Hydroxocobalaminacetat Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 1,5 – 4 µg/d Erwachsene: 4 µg/d Schwangere: 4,5 µg/d Stillende: 5,5 µg/d Amerikanische Nährstoffexperten setzen Vitamin B12-Dosierungen bis zu 50 mg pro Tag ein. Kontraindikationen Überempfindlichkeit Mangelsymptome Appetitlosigkeit, Schwäche, leichte Ermüdbarkeit, Schwindel, blasse Haut und Schleimhäute, Schlafstörungen, Tinnitus, Kurzatmigkeit, Reifungsstörungen der Blutzellen, Infektanfälligkeit, Abwehrschwäche, mitochondriale Funktionsstörungen neurologische Störungen, Muskelatrophie mit Gangunsicherheit, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, depressive Verstimmungen, erhöhte Homocysteinwerte. Überdosierung Geringe Toxizität selbst bei hohen Dosierungen (5 mg pro Tag). In einzelnen Fällen kann es zu Akne, urtikariellen Reaktionen oder anaphylaktischen Reaktionen kommen (vor allem bei intravenöser Verabreichung). Vitamin C – L-Ascorbinsäure Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 20 – 105 mg/d Erwachsene: 105 mg/d Schwangere: 110 mg/d Stillende: 105 mg/d Amerikanische Präparate mit Vitamin C enthalten Dosierungen von 2 – 3 g pro Tag. Auch Dosierungen von 10 – 12 g pro Tag werden allgemein gut vertragen. Kontraindikationen Oxalaturolithiasis, Eisenspeichererkrankungen, Glukose-6-Phosphat Dehydrogenasemangel (hohe Dosierungen), Niereninsuffizienz. Mangelsymptome Antriebslosigkeit, Glieder und Gelenkschmerzen, Leistungsschwäche, Müdigkeit, Reizbarkeit, Skorbut, Infektanfälligkeit, Immundepression, erhöhte Histaminsensibilität, erhöhte Blutungsneigung, erhöhte Marker der Lipidoxidation, erhöhtes Risiko radikal bedingter Erkrankungen (z. B. Krebs), Gingivitis, Parodontitis, Karies, Depressionen, Wundheilungsstörungen. Überdosierung Blähungen und osmotischer Durchfall. Vitamin D Empfohlene Zufuhr (DGE) Kinder und Jugendliche: 20 µg/d Erwachsene: 20 µg/d Schwangere: 20 µg/d Stillende: 20 µg/d Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat erklärt, dass bei Kindern ab 10 Jahren und Erwachsenen eine Gesamtzufuhr von 100 Mikrogramm Vitamin D pro Tag tolerierbar ist. Bei Kindern unter 10 Jahren gelten 50 Mikrogramm Vitamin D pro Tag als tolerabel. Zur Gesamtzufuhrmenge wird sowohl das Vitamin D aus Lebensmitteln als auch jenes aus Vitamin-D-Präparaten berücksichtigt. Kontraindikationen Hyperkalzämie und Hyperkalzurie, Niereninsuffizienz, Sarkoidose, kalziumshaltige Nierensteine. Mangelsymptome Depressive Verstimmungen, erhöhte Infektanfälligkeit, Müdigkeit, Schwäche, Störung der Th1/Th2-Regulation, höhere Mortalität bei Krebs (z. B. Kolonkarzinom),…

Vitamin A

Vitamin A ist ein allgemeiner Begriff, der verschiedene fettlösliche Verbindungen umfasst, die im Körper ähnlich wirken. Dazu gehören z. B. Retinol, Retinal, Retinsäure, Retinoide und deren Metaboliten. Sie sind essentiell für das Sehvermögen, zelluläres Wachstum und Differenzierung (z. B. Immunzellen), die epitheliale Barrierefunktion der Schleimhäute und die Embryonalentwicklung. Auch das Provitamin Beta-Carotin gehört dazu, welches als Vorstufe im Körper in aktives Vitamin A umgewandelt wird. Weltweit ist der Vitamin-A-Mangel ein erhebliches Problem der öffentlichen Gesundheit. In Ländern mit hoher Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren gilt die Vitamin-A-Supplementierung als eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Morbiditäts- und Mortalitätsrate aufgrund vermeidbarer Krankheiten deutlich zu senken. Sie gilt als eine der kosteneffektivsten Interventionen zur Verbesserung der Überlebensrate von Kindern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass jährlich 3 Millionen Kinder einen klinischen Vitamin-A-Mangel entwickeln. Vitamin-A-Supplementierung wird zur Behandlung von Masern, Xerophthalmie (Austrocknung von Kornea und Konjunktiva), schwerer Unterernährung und zur Vorbeugung von Mangelerscheinungen bei schwangeren Frauen eingesetzt, die in Gebieten mit Vitamin-A-Mangel leben. Die Behandlung der Xerophthalmie ist von besonderem Interesse, da sie eine der wenigen Krankheiten ist, die auf Vitaminmangel zurückzuführen ist und in manchen unterentwickelten Ländern epidemische Ausmaße erreicht. Eine ausreichende Vitamin-A-Supplementierung des Auges kann auch Nachtblindheit verhindern. Ein erhöhter Bedarf besteht bei Kindern mit rezidivierenden Infekten, Neugeborenen, sowie in Schwangerschaft, Stillzeit und Wachstum. Bei Fieber, Stress, Operationen, Malabsorption, Maldigestion, chronischem Alkohol- oder Nikotinabusus und chronischen Infekten. Veganer sollten stets auf ihren Vitamin-A-Spiegel achten. Vitamin A wird über die Nahrung in zwei Formen aufgenommen. Retinol und Retinylester werdem aus tierischen Quellen wie Fleisch, Milchprodukten und Fisch aufgenommen. Provitamin A (Beta-Carotin) wird aus buntem Obst und Gemüse aufgenommen. Beide Formen von Vitamin A müssen nach der Absorption in Retinal und Retinsäure umgewandelt werden, um biologische Prozesse zu unterstützen. Insbesondere Leber und Seefisch sind reich an Vitamin A. Aber auch Eier, Milch und Milchprodukte enthalten Vitamin A. Beta-Carotin (die Vorstufe von Vitamin A) befindet sich speziell in grünen, gelben und roten Gemüse- und Obstsorten wie Karotten, Spinat, Brokkoli, Paprika, Kirschen oder Grapefruit. Die Vitamin-A-Supplementierung kann oral oder intramuskulär verabreicht werden. Die Absorption von oralem Vitamin A wird durch eine fetthaltige Mahlzeit aufgrund seiner fettlöslichen Beschaffenheit verbessert. Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Vitamin A (die Angaben beziehen sich auf den Gehalt an Vitamin A pro 100 g Lebensmittel). Leber (Kalb)   23,9 mg Grünkohl   1,5 mg Karotte   2,2 mg Leberwurst, grob   8,3 mg Petersilie   5,9 mg Getrocknete Aprikosen   1,2 mg Wirsing   4,7 mg Dill   4,5 mg Palmöl   4,3 mg Feldsalat   0,7 mg Paprika rot   0,5 mg Chicorée   0,6 mg Spinat   1,6 mg Hühnereigelb (trocken)   1,1 mg Aal, geräuchert   0,9 mg Ein Überschuss an natürlichem oder synthetischem Vitamin A kann zu einem breiten Spektrum an unerwünschten Wirkungen führen. Akute Vitamin-A-Toxizität kann bei einer einmaligen Einnahme von 25.000 IE/kg oder mehr auftreten. Zu den Anzeichen und Symptomen gehören Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schwindel, Lethargie, Schläfrigkeit, erhöhter Hirndruck und Hautveränderungen wie Erytheme, Pruritus oder Schuppung. Vitamin-A-Toxizität, auch bekannt als Hypervitaminose A, wird häufiger mit dem Missbrauch von Vitamin-A-Präparaten in Verbindung gebracht. Die Menge an Vitamin A, die erforderlich ist, um bei einzelnen Personen Toxizität zu verursachen, variiert je nach Alter und Leberfunktion. Die Funktionen von Vitamin A: Vitamin A ist am Sehvorgang beteiligt und besonders für das Sehen in der Nacht wichtig. Retinal ist Teil des Sehpurpurs (Rhodopsin) in der Netzhaut. Dieses ist in den Sehzellen (Stäbchen) vorhanden, die für die Unterscheidung zwischen Hell und Dunkel zuständig sind. Somit wird durch Vitamin A die Umwandlung von Lichtreizen in neuronale Reize vermittelt. Zahlreiche Vorgänge im Immunsystem werden durch Vitamin A reguliert. Es vermittelt den Schutz von Haut und Schleimhäuten als erste Abwehrbarriere für Bakterien, Viren und Parasiten. Die Funktion von Neutrophilen, Makrophagen und natürlichen Killerzellen wird durch Vitamin A reguliert. Auch die adaptive Immunität benötigt Vitamin A, zur Entwicklung von T-Helferzellen und B-Zellen, Produktion von Antikörpern und Regulation der Th1/TH 2-Immunantwort. Die normale Immunfunktion wird durch Vitamin-A-Mangel unterdrückt, sowie auch durch Infektionskrankheiten, die die Retinolkonzentration im Serum vorübergehend beeinträchtigen. Insbesondere Vitamin-A-Mangel ist als Risikofaktor für das Masernvirus bekannt, einer Hauptursache für Morbidität und Mortalität im Kindesalter in Entwicklungsländern. Megadosen (200.000 IU für zwei Tage) an Vitamin A senken nachweislich die Gesamthäufigkeit von Todesfällen im Zusammenhang mit Masern. Vitamin A wirkt bei der Fortpflanzung mit, indem es bei der Produktion von Testosteron eine Rolle spielt, bei der Entwicklung von Samenzellen, Plazenta und der Reifung des Fötus. Generell ist Vitamin A auch für die gesunde Entwicklung im Kindesalter notwendig, insbesondere der Augen, Geschlechtszellen, Lymphgefäße, Haut, Haare, Zähne, Knochen und Schleimhäute. Vitamin A ist beteiligt an der Proliferation und Differenzierung von Schleimhäuten (zum Beispiel Mund, Lunge, Darm, Uterus), Haut und Knochengewebe. Der Aufbau und die Regeneration der Haut werden von Retinol unterstützt, welches in der Haut zu Vitamin-A-Säure (Retinsäure) umgewandelt wird. Sie trägt zum Erhalt der Elastizität der Haut bei, daher ist Retinol oftmals als Inhaltsstoff von Hautcremes und –seren vorzufinden. Im Hormonstoffwechsel wird Vitamin A benötigt zur Bildung von Schilddrüsenhormonen und Steroidhormonen (zum Beispiel Testosteron). Weitere Funktionen von Vitamin A bestehen im Eisentransport (Mobilisation, Inkorporation), der Erythrozytenproduktion, bei der Entgiftung in der Leber, der Synthese des Myelins von Nervenzellen im ZNS, beim Hören und Riechen, in der Protein-, Fett- und Glykoproteinsynthese. Nicht nur in den Augen schädigt Vitamin-A Mangel die Epithelien, sondern auch im Verdauungstrakt und dem Urogenitaltrakt. Antioxidative Schutzfunktionen werden auch über Vitamin A vermittelt. Beta-Carotin, die Vorstufe von Vitamin A, hilft gegen freie Radikale, die Zellen und das Erbmaterial DNA schädigen können. Beta-Carotin hat eine antioxidative Wirkung, kann also dabei helfen, die freien Radikale zu „entschärfen“. Man geht heute auch davon aus, dass ein Mangel an Vitamin A eine Rolle bei der Transformation gesunder Zellen in Krebszellen spielt, zumal Vitamin A Enzyme und Proteine beeinflusst, die bei der Bildung von Tumoren eine Rolle spielen. Bisherige Studien haben keine ausreichenden Daten ergeben, um eine starke Korrelation zwischen Vitamin A und Krebsprävention in allen Populationen zu belegen. Eine Supplementierung in gut versorgten Bevölkerungen hat keinen zusätzlichen Nutzen für die Krebsprävention ergeben. Eine Supplementierung in Bevölkerungen mit Vitamin-A-Mangel, wie z. B. unterernährten oder tabakabhängigen Gruppen, kann jedoch die Krebsinzidenz verringern. Quellen Alberts…