Um eine Krankheit auszulösen, müssen Viren in Körperzellen eindringen. Dazu heften sie sich an geeignete Zellen an und schleusen ihre Erbinformation in die Zellen ein. Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert die Wirtszellen über deren Zellrezeptoren für das Angiotensin-konvertierende Enzym 2 (ACE2). Dies ist eine membrangebundene Aminopeptidase, die bekanntlich eine wichtige Rolle für das Herz-Kreislauf- und Immunsystem spielt. Interessanterweise sind ACE2-Rezeptoren nicht nur auf alveolären Epithelzellen der Lunge vorhanden (die 83 % aller Zellen mit ACE2-Rezeptoren ausmachen), sondern auch auf der Zelloberfläche von Herz, Nieren-, Endothel- und Darmzellen. Nach dem „Andocken“ des Virus an die ACE2-Rezeptoren dringt es in die Wirtszelle ein, und nutzt die in der Zelle vorhandenen Ressourcen, um sich zu vermehren. Danach werden aus der Zelle neue Viren freigesetzt. Die Präsentation viraler Antigene stimuliert dann sowohl die zelluläre als auch die humorale Immunität. Wie kommt es aber zu den schwereren bis tödlichen Verläufen?
Die schwer erkrankten Patienten entwickeln häufig eine Hyperzytokinämie (Zytokinsturm). Dieser entsteht durch eine nicht mehr regulierbare Überreaktion des Immunsystems, die mit einer massiven Freisetzung von entzündungsrelevanten Zytokinen (z. B. IL-1ß, IL-6, IL-12, IL-18, IL-33, TNF-α, TGFβ) und Chemokinen (z. B. CCL2, CCL3, CCL5, CXCL8, CXCL9, CXCL10) einhergeht. Ein Zytokinsturm ist lebensbedrohlich und es gibt dafür noch keine spezifische oder wirksame Behandlung. Die verstärkte Freisetzung von Zytokinen führt vor allem im Lungengewebe zu einer Überproduktion von Immunzellen. Die unkontrollierte Immunantwort führt zu Atemnot und Entzündungen der Atemwege bzw. Lungenentzündung. Von den neu gebildeten Immunzellen werden weitere Zytokine ausgeschüttet und es kommt zu einem Teufelskreis der kaum noch unterbrochen werden kann. Dies führt zur Zerstörung von Gewebe, was in einigen Fällen zu Multiorganversagen, akutem respiratorischem Syndrom und dem Tod führt. Der Ausgang von COVID-19 als viraler Erkrankung, scheint demnach durch das ↗︎ Ausmaß des Ungleichgewichts des Immunsystems des Wirts bedingt zu sein. Die primäre Immunantwort ist an sich eine positive Reaktion, die in der Mehrzahl der Fälle zu einer Eindämmung der Viren führt. Aus noch ungeklärten Gründen kommt es dann aber zu einer überschießenden sekundären Immunantwort mit der unkontrollierten Freisetzung einer Vielzahl von Zytokinen.
Die einzige wirksame Möglichkeit, diesen Virusausbruch einzudämmen und Hunderte von unnötigen Todesfällen zu vermeiden, besteht derzeit jedoch darin, alle Maßnahmen zur Verringerung der Transmission zu ergreifen, einschließlich der vorübergehenden Einschränkung aller sozialen Aktivitäten der Menschen.