Die positiven Wirkungen vieler Stoffe wurden durch den regelmäßigen Verzehr von Nahrungsmitteln entdeckt. Dies gilt auch für die wichtige Heilpflanze Kurkuma, deren Wirkung in östlichen Ländern wie China und Indien seit mehr als 4.000 Jahren bekannt ist. Eine curcuminreiche Ernährung kann vielen Krankheiten, darunter Krebs und Diabetes, entgegenwirken. Das beruht auf den antioxidativen, entzündungshemmenden, antitumoralen, antiarthritischen, antiatherosklerotischen, antidepressiven, antidiabetischen, antimikrobiellen, Wundheilungs- und Gedächtnisstärkenden Wirkungen. In der traditionellen indischen Medizin wurde Kurkuma auch zur Behandlung von gynäkologischen Problemen, Magenbeschwerden, Lebererkrankungen, Infektionskrankheiten, Blutkrankheiten, Akne, Psoriasis, Dermatitis, Hautausschlag und anderen chronischen Erkrankungen verwendet. Curcumin wirkt chemopräventiv, chemosensibilisierend und radiosensibilisierend, und ist daher ein wichtiger Wirkstoff in der adjuvanten Krebstherapie.
Als „multi-tasking“ Polyphenol wirkt Curcumin auf zahlreiche Moleküle (z. B. Transkriptionsfaktoren, Entzündungsmediatoren) und deren Signalwege, die mit verschiedenen chronischen Krankheiten in Verbindung stehen. In vielen neueren Studien wurde Curcumin als starker epigenetischer Regulator bei verschiedenen neurologischen Erkrankungen, Entzündungen, Diabetes und manchen Krebsarten beschrieben. Die antiinflammatorische Wirkung ergibt sich durch die Hemmung verschiedener Zytokine wie TNF-α, IL-1, IL-6, IL-8, IL-12, sowie entzündungsfördernder Enzyme und Transkriptionsfaktoren. Curcumin wirkt zudem synergistisch mit anderen pflanzlichen Wirkstoffen wie Resveratrol, Piperin, Catechine, Quercetin und Genistein. Bisher wurden etwa 100 klinische Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von Curcumin bei der Prävention und Behandlung verschiedener Erkrankungen durchgeführt. Das therapeutische Potenzial von Curcumin wird bisher leider zu wenig genutzt. Das liegt an der geringen oralen Bioverfügbarkeit, mit begrenzter Absorption, hohem Metabolismus und schneller systemischer Ausscheidung. Außerdem ist Curcumin schlecht wasserlöslich und wird bei oraler Verabreichung größtenteils mit den Fäkalien ausgeschieden. Verschiedene neue Formulierungen haben jedoch die Bioverfügbarkeit von Curcumin wesentlich verbessert.
Die Wirkung einer Curcumin-Behandlung bei neurologischen Erkrankungen wie spinaler Muskelatrophie, Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Krankheit, amyotropher Lateralsklerose, Multipler Sklerose und anderen ist Gegenstand intensiver Forschungen und auch vereinzelter klinischer Studien.
Alzheimer-Demenz
Die Gemeinsamkeit aller Demenzerkrankungen ist der Abbau der geistigen Fähigkeiten, wobei Ursachen und Verlauf unterschiedlich sind. Bei den meisten Demenzerkrankungen verschlechtern sich das Gedächtnis, die Sprach- und Denkfähigkeit sowie die Motorik. Bei einigen Krankheitsbildern sind auch das Sozialverhalten und die Persönlichkeit betroffen. Die Alzheimer-Demenz ist die am weitesten verbreitete neurodegenerative Erkrankung, die für 60 bis 80 % der Demenzfälle verantwortlich ist. Im Jahr 2015 waren schätzungsweise 46,8 Millionen Menschen weltweit betroffen, fast 30 % mehr (9,9 Millionen neue Fälle) als bei der Schätzung von 2010. Es wird erwartet, dass bis 2030 74,7 Millionen Menschen und bis 2050 131,5 Millionen Menschen betroffen sein werden. Jährlich erkranken mehr als 35 Millionen Menschen. Bislang sind die therapeutischen Ansätze lediglich symptomatisch und können Gedächtnis und kognitive Funktionen verbessern. Die verwendeten Therapien zielen auf die Verbesserung der cholinergen Übertragung durch die Hemmung von Acetylcholin (ACh) ab. Zu den vermuteten Ursachen der Erkrankung gehören:
- Genetische Risikofaktoren bzw. Vererbung
- Reduzierte Beseitigung von Abfallstoffen aus dem Gehirn
- Entzündliche Prozesse oder Infektion
- Prionen
- Risikofaktoren Cholesterin, Trauma, Diabetes und Bluthochdruck
- Aluminium
- Feinstaub
- Geistige Verarmung
Im Gehirn von Alzheimer-Patienten bilden sich Plaques und Ablagerungen, wobei die Proteinablagerungen im Wesentlichen aus dem Beta-Amyloid-Peptid bestehen. Zudem kommt es zu Veränderungen an dem Tau-Protein der intrazellulär gelegenen Neurofibrillenbündel. Es ist jedoch ungeklärt, ob diese Tau-Veränderung krankheitsauslösend oder sekundärer Natur ist. Im weiteren Verlauf der Erkrankung nimmt die Hirnmasse durch das Absterben von Neuronen vermehrt ab, es kommt zur Hirnatrophie. Der Botenstoff Acetylcholin wird nicht mehr in ausreichenden Mengen produziert, was zu einer allgemeinen Leistungsschwächung des Gehirns führt. Im fortgeschrittenen Stadium verlernen die Patienten ihre Fertigkeiten. Nahestehende Personen und alltägliche Gegenstände werden nicht mehr erkannt. Es kann zu scheinbar unbegründeten Wut- und Gewaltausbrüchen kommen.
Curcumin hemmt den Beta-Amyloid-Spiegel, verringert den Grad der Aggregation verringert und fördert die Auflösung von fibrillärem Beta-Amyloid 40. Bei neurologischen Erkrankungen kommt es zur Mikroglia-Aktivierung. In Zellversuchen wurde nachgewiesen, dass Beta-Amyloid die Mikroglia aus dem neuroprotektiven Phänotyp in den neurotoxischen Phänotyp überführt. Da während der Beta-Amyloid-Akkumulation die Mikroglia und die Entzündungsmediatoren aktiviert werden, wird die weitere Beta-Amyloid-Akkumulation und Neuroinflammation induziert. Curcumin blockiert die extrazelluläre signalregulierte Kinase 2 (ERK1/2) und die p38-Kinase-Signalübertragung in Beta-Amyloid-aktivierten Mikroglia in vitro, wodurch die Synthese von IL1β, Tumor-Nekrosefaktor-α (TNFα), IL6 mRNAs und Proteinen reduziert wird. Im Tierversuch führte die Curcumin-Behandlung zu einer Unterdrückung der neuroinflammatorischen Reaktion, indem sie die Spiegel von e IL1β, TNFα, Cyclooxygenase (COX)2 und Stickstoffmonoxid (NO) senkte.
In verschiedenen klinischen Studien wurde die Wirkung von Curcumin bei der Alzheimer-Krankheit untersucht. Eine der ersten Studien zur Bewertung der Wirkung von Curcumin bei Alzheimer-Patienten wurde im Jahr 2004 begonnen. Es handelte sich um eine Pilotstudie (Phase 1), in der die Wirkung von Curcumin in den besser absorbierten Formulierungen als Pulver oder Kapsel getestet wurde. Da die Studie nur für einen kurzen Zeitraum durchgeführt wurde und die mit Placebo behandelten Patienten keinen kognitiven Verlust zeigten, war die Wirkung von Curcumin auf die Kognition nicht eindeutig, obwohl der Beta-Amyloid-Aggregation erfolgreich entgegengewirkt wurde. NCT03085680 ist eine Phase 2/3-Studie, in der untersucht wird, ob die Einnahme von Curcumin als Nahrungsergänzungsmittel (1.000 mg/Tag) die körperliche und kognitive Aktivität bei älteren Menschen aufrechterhalten oder verbessern kann; molekulare Entzündungs-Biomarker wurden auch analysiert. Nachdem die orale Verabreichung von festen-flüssigen Curcuminpartikeln in Tiermodellen der Alzheimer-Krankheit eine signifikante Verbesserung des Gedächtnisdefizits bewirkte, wurde in einer Phase 2-Studie (NCT01001637) die potenzielle Wirksamkeit und Sicherheit dieser Verabreichung als Nahrungsergänzungsmittel untersucht. Es sollte festgestellt werden, ob es bei Alzheimer-Patienten zu einer Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit kommt und ob sich die Beta-Amyloid-Konzentration im Blut nach dieser Behandlung verändert. Obwohl der voraussichtliche Termin für den Abschluss dieser Studie November 2010 war, liegen noch keine Ergebnisse liegen vor.
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