Die Naturheilkunde strebt danach, in einem multimodalen Therapieansatz gesundheitsfördernde Elemente in den Alltag von Patienten zu integrieren. Zur Behandlung des Reizdarmsyndroms (RDS) spricht sich die die erste deutsche S3-Leitlinie zum Reizdarmsyndrom (Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) deutlich für den Einsatz komplementärmedizinischer Verfahren aus, selbst wenn die Evidenz im Einzelfall noch nicht ausreichend bzw. eindeutig ist. Es besteht Konsens darin, dass bei anamnestischen Hinweisen auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit eine gezielte Eliminationsdiät erfolgen sollte.
Dazu wurde folgender Kommentar von den Verfassern der Leitlinie gemacht:
„…dieses Statement zielt auf Patienten ab, die Nahrungsmittelunverträglichkeiten überzeugend und wiederholt angeben, ohne dass eine Nahrungsmittelallergie, eine Kohlenhydratmalabsorption oder eine Zöliakie nach anerkannten diagnostischen Kriterien nachgewiesen werden konnte. Dazu gehören auch Patienten mit RDS, die gleichzeitig deutlich erhöhte Serum-Titer von IgG gegen Nahrungsproteine aufweisen. Diese Konstellation wird beobachtet, weil viele Betroffene aus eigenem Antrieb eine „IgG-Diagnostik“ initiieren. In diesen Fällen kann, insbesondere wenn die Symptomatik nicht auf die etablierte Pharmakotherapie anspricht, für einen begrenzten Zeitraum die Elimination von Nahrungsmitteln, die zu erhöhten IgG-Titern führen, versucht werden. Dies sollte allerdings nur bei dauerhaftem Therapieansprechen fortgeführt werden. Hintergrund für diesen Hinweis ist eine gewisse Studienlage, die für eine Besserung der RDS-Symptomatik nach Elimination von Nahrungsmitteln, für die hohe IgG-Titer gemessen wurden, spricht. Beispielsweise wurden in einer unkontrollierten Kohorten-Studie an 25 Patienten mit RDS Nahrungsmittel mit einem IgG-4-Titer > 250 µg/l eliminiert. Nach 3 und 6 Monaten zeigte sich eine signifikante Besserung der Abdominalbeschwerden unter Einschluss des Schmerzes. Dies wurde in neueren Studien bestätigt: In einer Pilotstudie an 20 Patienten, die auf eine Pharmakotherapie refraktär waren, wurden auf der Basis von IgG-Ak Nahrungsmittel eliminiert und eine Rotationsdiät durchgeführt. Es zeigte sich eine nachhaltige Besserung der Reizdarmsymptomatik über 1 Jahr. In einer Fallkontrollstudie an 58 therapierefraktären Patienten mit RDS wurden 36 Patienten einer Fastentherapie, 22 einer Pharmakotherapie plus Psychotherapie zugeführt. Die Fastentherapie führte zu einem besseren symptomatischen Ergebnis. Hintergrund des Benefits von Eliminationsdiäten basierend auf IgG-Titern ist weniger wahrscheinlich ein allergisch/ immunologischer Mechanismus wie bei der Nahrungsmittelallergie, sondern eher eine gestörte Darmbarriere, die zu einem Anstieg von IgG-Ak gegen Nahrungsproteine führen kann. Bei Fortsetzung der Therapie wegen guten klinischen Ansprechens muss eine Mangelernährung im Verlauf ausgeschlossen werden. Dies bedeutet nicht, dass es eine Empfehlung gibt für die Messung von IgG bzw. IgG4 bei Erwachsenen mit RDS und V. a. Nahrungsmittelunverträglichkeit. Im Gegenteil, die allergologischen Fachgesellschaften auf nationaler und europäischer Ebene lehnen eine Empfehlung solcher Diagnostik nach dem aktuellen Stand des Wissens explizit ab, was nicht verhindert, dass Betroffene aus eigenem Antrieb eine solche Diagnostik initiieren und danach häufig eine Stellungnahme des Arztes erwarten…“
Quelle: S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) ↗︎ weiter