Essentielle Aminosäuren werden vom Körper nicht selbst gebildet und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Dazu gehören L-Histidin, L-Isoleucin, L-Leucin, L-Lysin, L-Methionin, L-Phenylalanin, L-Threonin, L-Tryptophan und L-Valin. Für einen ausgeglichenen Energiehaushalt, Funktion und Struktur des gesamten menschlichen Organismus ist eine ausgewogene Versorgung mit diesen Aminosäuren notwendig. Aber selbst der Bedarf mancher nicht-essentieller Aminosäuren – die normalerweise vom Körper in ausreichender Menge gebildet werden – kann in Ausnahmefällen erhöht sein (Leistungssport, Alkoholabusus, einseitige vegetarische Ernährung, Frühgeborene, Schwangere, Stillzeit, starke geistige/körperliche Belastungen, schwere Erkrankungen, intensivmedizinische Betreuung, Regeneration nach Operationen etc.). Dies erfordert gegebenenfalls die zusätzliche Versorgung über Nahrungsergänzung.
In Fortsetzung unserer Serie zu essentiellen Aminosäuren gehen wir im heutigen Newsletter auf die essentiellen Aminosäuren L-Lysin, L-Histidin und L-Threonin ein.
L-Lysin
L-Lysin ist in vielen Proteinen maßgeblich enthalten und hat daher vielfältige Funktionen im Körper. Es trägt zum Wachstum bei, zur Bildung von Enzymen, Hormonen und Antikörpern. Auch für die Knochengesundheit, Kollagensynthese und Gewebereparatur wird L-Lysin benötigt. Weitere Funktionen von L-Lysin:
- Verbesserung der Bioverfügbarkeit von Calcium und Eisen;
- Stabilisierung der Fähigkeit zur wirksamen Immunabwehr;
- Stabilisierung der Muskelproteine;
- Aufbau von Elastin und Kollagen;
- Aufnahme des LDL in der Leber (Lysinreiche Rezeptorproteine);
- Föderung der Aufnahme von Calcium in die Knochen.
Der tägliche Bedarf an Lysin ist durch eine ausgewogene Ernährung in der Regel gedeckt (Kleinkinder ca. 96 mg/kg Körpergewicht; Erwachsene ca. 10 – 11 mg/kg Körpergewicht). Bei streng vegetarischer Ernährung, Malnutrition oder Reduktionsdiäten kann es zum Lysinmangel kommen. Der Bedarf an Lysin kann bei einem schwachen Immunsystem erhöht sein, beispielsweise bei häufig wiederkehrenden Herpes-Infektionen. Nach Expertenmeinung helfen Tages-Dosierungen von 0,5 bis vier Gramm Lysin, Herpes im Akutfall zu lindern (evtl. auch in Kombination mit Vitamin C und Zink). Über seine Beteiligung am Kalzium-Stoffwechsel kann Lysin zur Vorbeugung bzw. Behandlung der Osteoporose beitragen. In der orthomolekularen Medizin wird Lysin zur begleitenden Therapie bei Herz-Kreislauf-Krankheiten empfohlen, da Lysin Bestandteil von Kollagen ist und somit die Gefäßwände stärken könnte. Weitere Hinweise sprechen für die Verwendung von Lysin zur Senkung von Triglyzeriden und der Wundheilung bzw. Erholung nach Verletzungen und Operationen.
Lebensmittel und L-Lysin-Gehalt in 100 g Lebensmittel
Rindfleisch, roh 1.797 mg
Hähnchenbrustfilet, roh 1.962 mg
Kürbiskern 2.283 mg
Lachs, roh 1.870 mg
Erbsen, getrocknet 1.772 mg
Tofu, fest 1.000 mg
Hühnerei 914 mg
Kuhmilch, 3,7 % Fett 260 mg
Walnüsse 424 mg
Weizen-Vollkornmehl 378 mg
Mais-Vollkornmehl 195 mg
Reis, ungeschält 303 mg
Buchweizen-Mehl 595 mg
Quinoa 860 mg
Quellen:
U. Gröber: Mikronährstoffe – Metabolic tuning – Prävention – Therapie
R. Meyer: Chronisch gesund. 2009
Alberts B, Johnson A, Lewis J, et al.: Molecular Biology of the Cell. 2017
Berg JM, Tymoczko JL, Stryer L. Stryer: Biochemie. 2018
L-Histidin
L-Histidin gehört zu den sog. „semi-essentiellen“ Aminosäuren, die bei einigen Entwicklungsphasen oder Krankheiten essentiell sind. So kann z. B. Histidin von Kindern bzw. Jugendlichen oder von Erwachsenen mit chronischem Nierenversagen nicht in ausreichender Menge gebildet werden. Arginin, eine weitere semi-essentielle Aminosäure, kann von Erwachsenen mit Lebererkrankungen und von stillenden Müttern nur unzureichend gebildet werden. Der Histidinbedarf kann durch krankhafte Prozesse und Stress erhöht sein. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis sind oftmals niedrige Histidin-Spiegel im Blut nachweisbar. Die Nahrungsergänzung mit Histidin kann dazu beitragen, rheumatische Entzündungen und Schmerzen zu lindern. Bei gesunden Erwachsenen die sich ausgewogen ernähren, entsteht in der Regel kein zusätzlicher Bedarf an Histidin.
Histidin ist an der Bildung des roten Blutfarbstoffes (Hämoglobin) beteiligt, trägt zu einem gut funktionierenden Immunsystem bei und unterstützt die Aktivität der weißen Blutkörperchen. Eine zu geringe Histidin-Versorgung kann die Bildung von Hämoglobin hemmen. Bei entzündlichen Prozessen und Allergien kann Histidin freie Radikale abfangen und unschädlich machen, daher wird dieser Aminosäure auch eine entzündungshemmende und antioxidative Wirkung zugeordnet. Histidin ist auch zur Bildung von Histamin notwendig, das nicht nur im allergischen Geschehen eine wichtige Rolle spielt, sondern auch weitere wichtige Funktionen hat (Erweiterung der Blutgefäße, Erhöhung von Herzfrequenz und Magensäureproduktion, Steuerung der Muskulatur von Darm, Uterus, Bronchien und Gefäßen). Histidin spielt außerdem bei der Aufnahme und Verwertung von Zink eine wichtige Rolle. Dieses Spurenelement wird aus Fleisch besser aufgenommen, da es dort häufig an Histidin gebunden vorkommt. Diese Verbindung erleichtert den Transport von Zink durch die Darmwand, und verbessert die anschließende Zinkverwertung.
Der tägliche Bedarf an Histidin wird mit 8 bis 12 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht angegeben. Demnach liegt der tägliche Bedarf von Erwachsenen etwa zwischen 500 und 1.000 mg.
Lebensmittel und L-Histidin-Gehalt in 100 g Lebensmittel
Sojabohnen, getrocknet 1.097 mg
Hähnchenbrustfilet, roh 791 mg
Rindfleisch, roh 678 mg
Weizenkeime, getrocknet 643 mg
Erbsen, getrocknet 597 mg
Lachs, roh 549 mg
Hühnerei 309 mg
Walnüsse 391 mg
Weizen-Vollkornmehl 317 mg
Mais-Vollkornmehl 211 mg
Reis, ungeschält 202 mg
Quellen:
U. Gröber: Mikronährstoffe – Metabolic tuning – Prävention – Therapie
R. Meyer: Chronisch gesund. 2009
Alberts B, Johnson A, Lewis J, et al.: Molecular Biology of the Cell. 2017
Berg JM, Tymoczko JL, Stryer L. Stryer: Biochemie. 2018
L-Threonin
L-Threonin ist ein wichtiger Baustein im Proteinstoffwechsel und trägt zur Bildung zahlreicher Enzyme und Hormone bei. Diese Aminosäure ist an der Biosynthese von Vitamin B12 und Isoleucin beteiligt. Besonders reich an Threonin ist das Kollagen, welches im Bindegewebe, den Knochen und Zähnen, Sehnen und Bändern eine wichtige Stützfunktion hat. Auch Mucine, die im Schleim aller Schleimhäute vorkommen, sind besonders reich an Threonin. Sie schützen beispielsweise im Magen vor starken Säuren und anderen chemischen Substanzen. Damit Threonin optimal im Körper wirken kann, müssen Magnesium, Vitamin B3 und Vitamin B6 ebenfalls in ausreichenden Mengen vorhanden sein. Weitere Funktionen von L-Threonin:
Bildung von Immunglobulinen und Antikörpern und damit Stärkung des Immunsystems
Gesundheit der Thymusdrüse, in der die für das Immunsystem wichtigen T-Lymphozyten reifen
Bei starken körperlichen Leistungen kann L-Threonin zur Gewinnung von Energie dienen
Zusammen mit L-Glycin und L-Serin spielt L-Threonin eine wichtige Rolle im Stoffwechsel von Porphyrin
Ein lange andauernder Threoninmangel führt zu schneller Ermüdung, geringer Energie, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Bei schweren Mangelszuständen während der Kindheit kann es zum verzögerten Knochenwachstum kommen.
Der tägliche Bedarf an Threonin beträgt bei jungen Erwachsenen etwa 14 mg pro kg Körpergewicht, reifere Erwachsene benötigen 6 bis 7 mg pro kg Körpergewicht. Ein Mehrbedarf an Threonin besteht bei hohen körperlichen Leistungen.
Lebensmittel und L-Threonin-Gehalt in 100 g Lebensmittel
Rindfleisch, roh 849 mg
Hähnchenbrustfilet, roh 975 mg
Lachs, roh 860 mg
Hühnerei 556 mg
Kuhmilch, 3,7 % Fett 148 mg
Walnüsse 596 mg
Weizen-Vollkornmehl 395 mg
Mais-Vollkornmehl 261 mg
Reis, ungeschält 291 mg
Erbsen, getrocknet 872 mg
Quellen:
U. Gröber: Mikronährstoffe – Metabolic tuning – Prävention – Therapie
R. Meyer: Chronisch gesund. 2009
Alberts B, Johnson A, Lewis J, et al.: Molecular Biology of the Cell. 2017
Berg JM, Tymoczko JL, Stryer L. Stryer: Biochemie. 2018