Essentielle Aminosäuren werden vom Körper nicht selbst gebildet und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Dazu gehören L-Histidin, L-Isoleucin, L-Leucin, L-Lysin, L-Methionin, L-Phenylalanin, L-Threonin, L-Tryptophan und L-Valin. Für einen ausgeglichenen Energiehaushalt, Funktion und Struktur des gesamten menschlichen Organismus ist eine ausgewogene Versorgung mit diesen Aminosäuren essenziell. Aber selbst der Bedarf mancher nicht-essentieller Aminosäuren – die normalerweise vom Körper in ausreichender Menge gebildet werden – kann in Ausnahmefällen erhöht sein (Leistungssport, Alkoholabusus, einseitige vegetarische Ernährung, Frühgeborene, Schwangere, Stillzeit, starke geistige/körperliche Belastungen, schwere Erkrankungen, intensivmedizinische Betreuung, Regeneration nach Operationen etc.). Dies erfordert gegebenenfalls die zusätzliche Versorgung über Nahrungsergänzung.
In Fortsetzung unserer Serie zu essentiellen Aminosäuren gehen wir im heutigen Newsletter auf die essentiellen Aminosäuren L-Phenylalanin, L-Tryptophan und L-Methionin ein.
L-Phenylalanin
L-Phenylalanin wurde erstmals im Jahr 1879 aus Samen der gelben Lupine (Lupinus luteus) isoliert und gehört gemeinsam mit Tryptophan und Tyrosin zu den so genannten aromatischen Aminosäuren. In deren Molekül befindet sich eine besondere, ringförmig Struktur. Die wichtigsten Funktionen von L-Phenylalanin im Stoffwechsel:
- L-Phenylalanin ist Ausgangsstoff für die Bildung der Aminosäure L-Tyrosin, die als eine konditionell essentielle Aminosäure betrachtet wird. In bestimmten Situationen (z. B. Erkrankungen der Leber oder Infektionen) ist die Umwandlung von L-Phenylalanin in L-Tyrosin gestört – diese Aminosäure muss dann supplementiert werden.
- L-Phenylalanin wird zur Bildung der Neurotransmitter Dopamin, Noradrenalin und Adrenalin benötigt.
- L-Phenylalanin ist notwendig zur Bildung der Schilddrüsenhormone Thyroxin und Triiodthyronin.
- L-Phenylalanin wird benötigt zur Bildung von Melanin (Pigmentierung der Haut).Die empfohlene tägliche Zufuhr für Erwachsene beträgt 13,7 mg/kg Körpergewicht.
Diese Lebensmittel sind besonders reich an L-Phenylalanin
Lebensmittel und L-Phenylalanin-Gehalt in 100 g Lebensmittel
Sojabohnen, getrocknet 2.122 mg
Erbsen, getrocknet 1.132 mg
Kürbiskerne 1.733 mg
Hähnchenbrustfilet, roh 857 mg
Hühnerei 680 mg
Kuhmilch, 3,7 % Fett 158 mg
Lachs, roh 845 mg
Mais-Vollkornmehl 340 mg
Reis, ungeschält 410 mg
Schweinefleisch, roh 881 mg
Walnüsse 711 mg
Weizen-Vollkornmehl 646 mg
Als Mangelerscheinungen können Appetitstörungen, Depressionen, Reizbarkeit, verringerte kognitive Leistungsfähigkeit, reduzierte Stressresistenz oder Pigmentierungsstörungen (z. B. bei Vitiligo) auftreten. Anwendungsgebiete für den therapeutischen Einsatz von L-Phenylalanin: Stress/Burnout, Vitiligo, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Appetitreduktion und depressive Verstimmungen.
Quellen:
U. Gröber: Mikronährstoffe – Metabolic tuning – Prävention – Therapie
R. Meyer: Chronisch gesund. 2009
Alberts B, Johnson A, Lewis J, et al.: Molecular Biology of the Cell. 2017
Berg JM, Tymoczko JL, Stryer L. Stryer: Biochemie. 2018
L-Tryptophan
Der essenziellen Aminosäure L-Tryptophan werden stimmungsaufhellende, beruhigende und gewichtsreduzierende Eigenschaften zugeschrieben. Daher gilt L-Tryptophan als „natürliches Antidepressivum“, ihm wird eine gute Wirksamkeit bei depressiven Erkrankungen bei gleichzeitig geringen Nebenwirkungen nachgesagt. Die stimmungsaufhellende Wirkung von L-Tryptophan beruht dabei auf der Tatsache, dass es im menschlichen Körper zu Serotonin umgewandelt wird. An der Umwandlung von Tryptophan in Serotonin ist das Enzym Tryptophanhydroxylase beteiligt. Es kann durch verschiedene Faktoren gehemmt werden, z. B. durch Vitamin B6- und Niacin-Mangel, Insulinresistenz (vermindertes Ansprechen des Körpers auf das Hormon Insulin, das Blutzucker in die Zellen transportiert), Magnesiummangel, aber auch durch Stress. Die ↗︎ Wirksamkeit gegenüber Depressionen wurde in verschiedenen Untersuchungen nachgewiesen. Das aus Tryptophan gebildete Serotonin wirkt sich auch positiv auf die Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus aus und erhöht das Sättigungsgefühl. Bei Neugeborenen ist Tryptophan an der Hirnreifung beteiligt.
L-Tryptophan ↗︎ unterstützt auch die Gesundheit der Leber. Bei Patienten mit Fettleber-Hepatitis (Steatohepatitis), einer entzündlich bedingten Veränderung der Leber, wurden nach 4-wöchiger Einnahme von Tryptophanpräparaten wesentliche Verbesserungen der Triglyceridspiegel und der inflammatorischen Zytokine festgestellt.
Weitere Funktionen von L-Tryptophan:
- Baustein von Proteinen;
- Bildung von Niacin;
- Bildung der Coenzyme NAD+/NADH, NAPD+/NADPH, die für Redoxreaktionen und in der Atmungskette benötigt werden.
Die empfohlene tägliche Zufuhr für Erwachsene beträgt 13,7 mg/kg Körpergewicht.
Diese Lebensmittel sind besonders reich an L-Tryptophan:
Lebensmittel und L-Tryptophan-Gehalt in 100 g Lebensmittel
Sojabohnen 590 mg
Cashewkerne 287 mg
Eier 167 mg
Erbsen, getrocknet 275 mg
Haferflocken 182 mg
Hähnchenbrust (roh) 267 mg
Hühnerei 167 mg
Kakaopulver, ungesüßt 293 mg
Kuhmilch, 3,7 % Fett 46 mg
Lachs (roh) 209 mg
Maismehl 49 mg
Reis, ungeschält 101 mg
Schweinefleisch (roh) 220 mg
Walnüsse 170 mg
Typische Mangelerscheinungen sind Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, verminderte Stresstoleranz, Vorliebe für Süßigkeiten, Kohlenhydratheißhunger, vermindertes Sättigungsgefühl, Depressionen, Ängste, Aggressivität und Durchschlafstörungen.
Quellen:
U. Gröber: Mikronährstoffe – Metabolic tuning – Prävention – Therapie
R. Meyer: Chronisch gesund. 2009
Alberts B, Johnson A, Lewis J, et al.: Molecular Biology of the Cell. 2017
Berg JM, Tymoczko JL, Stryer L. Stryer: Biochemie. 2018
L-Methionin
L-Methionin ist eine essentielle schwefelhaltige Aminosäure, die dem Körper Schwefel sowie Methylgruppen zur Verfügung stellt. Die stoffwechselaktive Form von Methionin ist S-Adenosyl-Methionin (SAM), das praktisch in allen Körpergeweben und -flüssigkeiten vorkommt. Es trägt zur Bildung von Adrenalin, Cholin, Kreatin, Melatonin und Nukleinsäuren bei. L-Methionin erfüllt weitere Funktionen im Stoffwechsel:
- Bildung (über S-Adenosyl-Methionin) von Carnitin, Phospholipiden (Cholin), Kreatin, Nukleinsäuren (Thymin), Neurotransmittern und Melatonin;
- Bildung von Homocystein (über S-Adenosylhomocystein, das zu Homocystein umgewandelt wird). Hieraus kann Methionin wieder zurückgewonnen werden;
- Vorstufe der Aminosäuren L-Cystein und des Antioxidans L-Glutathion;
- Unterstützung von Entgiftungsvorgängen in der Leber, Vermeidung übermäßiger Fetteinlagerungen in der Leber und Regeneration von Lebergewebe;
- Steuerung bioelektrischer Vorgänge im zentralen Nervensystem;
- Die empfohlene tägliche Zufuhr für Erwachsene beträgt 13 mg/kg Körpergewicht.
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Lebensmittel und L-Methionin-Gehalt in 100 g Lebensmittel
Buchweizenmehl 164 mg
Erbsen, getrocknet 251 mg
Hähnchenbrustfilet, roh 552 mg
Hühnerei 380 mg
Kuhmilch, 3,7 % Fett 82 mg
Lachs, roh 626 mg
Mais-Vollkornmehl 145 mg
Paranüsse 1.008 mg
Reis, ungeschält 179 mg
Rindfleisch, roh 554 mg
Sesamkörner 586 mg
Sojabohnen, getrocknet 547 mg
Walnüsse 236 mg
Weizen-Vollkornmehl 212 mg
Mögliche Mangelerscheinungen sind Wundheilungsstörungen, gestörte Immunfunktion und Infektanfälligkeit, Muskelzellverlust und Kachexie.
Quellen:
U. Gröber: Mikronährstoffe – Metabolic tuning – Prävention – Therapie
R. Meyer: Chronisch gesund. 2009
Alberts B, Johnson A, Lewis J, et al.: Molecular Biology of the Cell. 2017
Berg JM, Tymoczko JL, Stryer L. Stryer: Biochemie. 2018