Bei etwa 10 bis 20 Prozent der schwangeren Frauen kommt es zu einer Fehlgeburt. Frauen die einmal eine Fehlgeburt erlitten, haben ein erhöhtes Risiko für weitere Aborte. So kann die Gefahr einer Fehlgeburt nach drei vorangegangenen Aborten auf bis zu 45 Prozent ansteigen. Die Ursachen dafür sind noch nicht ausreichend bekannt.
Frauen mit wiederholten Aborten haben eine höhere Prävalenz von nicht diagnostizierten Darmerkrankungen. In einer Studie gingen Ärzte des Gemelli-Krankenhauses in Rom der Frage nach, ob Frauen mit mehrfachem Abort an einem undichten Darm („Leaky Gut“) leiden könnten. Sie stellten fest, dass dies tatsächlich der Fall ist. Dadurch können immunaktivierende Stoffe über die gestörte Darmeschleimhaut in den Blutkreislauf gelangen. Dies trägt dazu bei, eine Immunantwort der Gebärmutterschleimhaut zu verstärken, wodurch ↗︎ die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt erhöht wird.
Bei 70 Frauen mit häufigen Fehlgeburten und 30 gesunden Frauen wurde ein 53Cr-EDTA-Test durchgeführt, um die Durchlässigkeit des Darmes zu bestimmen. Zusätzlich wurden die Blutseren aller Frauen auf bakterielle Lipopolysacchariden (LPS) untersucht. Dabei handelt es sich um Stoffe, die sich in der Zellwand von Bakterien befinden. Die Bakterien können bei einer durchlässigen Darmschleimhaut vermehrt in den Blutstrom gelangen und über verschiedene Signale die Freisetzung von pro-inflammatorisch wirksamem Interleukin-1β und Tumornekrosefaktor α verursachen. Damit befindet sich der Körper in einem Entzündungszustand. Zusätzlich wurde eine Biopsie der Gebärmutterschleimhaut gemacht, um den Gehalt von Caspase-1 (verursacht proinflammatorische zelluläre Prozesse), Interleukin 1β (IL-1β), Interleukin 18 (IL-18) und NALP-3 (ein Protein das als zellulärer „Gefahrenmelder“ agiert) zu bestimmen. Daten aus Patientenfragebögen zu Angst- und Depressionszuständen wurden ebenso erhoben.
Die Ergebnisse zeigten, dass Frauen mit mehrfachen Aborten eine durchlässigere Darmschleimhaut hatten sowie auch höhere LPS-Konzentrationen im Blutserum. Auch Depressionen und Ängste waren stärker verbreitet. In der Gebärmutterschleimhaut dieser Frauen wurde eine erhöhte Bildung von Nalp-3, Caspase-1, IL-1β nachgewiesen (jedoch nicht IL-18). Statistische Berechnungen ergaben einen Zusammenhang zwischen der höheren Permeabilität des Darmes und der Freisetzung von NALP-3. Damit wurde nachgewiesen, dass Frauen mit mehrfachen Aborten häufiger ein Leaky-Gut-Syndrom haben, welches möglicherweise eine verstärkte endometriale Immunantwort hervorruft und zur Pathogenese der Fehlgeburt beiträgt.