Thiamin, auch Vitamin B1 genannt, spielt eine Rolle bei zahlreichen biologischen Prozessen und ist daher ein wichtiges Vitamin für den Körper. Eine der Hauptfunktionen von Thiamin ist die Beteiligung als Cofaktor von Enzymen des Kohlenhydrat- bzw. Glukosestoffwechsels. Dies geschieht durch die Einschleusung von Kohlenhydrat-Metaboliten in den Citratzyklus (der in den Mitochondrien abläuft) über das Enzym Pyruvat-Dehydrogenase mit Thiamin als dessen Cofaktor. In dem mitochondrialen Stoffwechsel (Citratzyklus) wird α-Ketoglutarat in Succinyl-CoA durch das Enzym α-Ketoglutarat-Dehydrogenase umgewandelt, welches ebenso Thiamin als Cofaktor benötigt. Eine verminderte Aktivität dieser beiden Enzyme im Thiamin-Mangelstatus stört den Citratzyklus und beeinträchtigt somit die mitochondriale ATP-Bildung. Folglich kommt es zur Reduktion der Pyruvat-Oxidation mit gleichzeitiger Laktat-Akkumulation, sowie einer Senkung des pH-Wertes. Es kann zur Azidose (im Gehirn und im Blut) kommen. Das Gehirn kann darauf mit neurologischen Manifestationen ↗︎ Link 1 | ↗︎ Link 2 reagieren. Zusätzlich führt eine Verminderung der Enzymaktivität zu einer ↗︎ Hemmung der Synthese von Neurotransmittern wie z.B. Acetylcholin und γ-Aminobuttersäure. Daher wird Vitamin B1 geläufig auch als „Stimmungsvitamin“ bezeichnet.
Auch in der Atmungskette der Mitochondrien wird Thiamin benötigt, als Cofaktor der Cytochrom C-Reduktase und für die ↗︎ Regeneration von Coenzym Q10 außerhalb der Mitochondrien.
Bekannte Risikofaktoren für einen Thiaminmangel:
- Unterernährung
- Fettleibigkeit
- Refeeding-Syndrom
- Bariatrische Chirurgie
- andere Gastrointestinaltrakt-Operationen
- Alkoholismus
- Hyperemesis gravidarum
- Krebs und andere schwere Erkrankungen
- Diabetes mellitus
- chronische Nierenerkrankung bei Hämodialyse.
Die täglich empfohlene Zufuhr beträgt 1 – 1,3 mg/Tag (Jugendliche und Erwachsene) bzw. 1,2 – 1,4 mg/Tag (Schwangere und Stillende). Wird Vitamin B1 für ca. 14 Tage dem Körper nicht mehr zugeführt, sind die Reserven zu 50 % aufgebraucht.
Bekannte Mangelerscheinungen
- Augenzittern, Doppeltsehen
- Blutarmut (Anämie)
- Brennen der Füße
- Gedächtnisstörungen, Verwirrungszustände
- gestörte Energieproduktion, schwache Muskulatur
- Gleichgewichtsstörungen.
- häufige Kopfschmerzen
- Herzrhythmusstörungen (Herzrasen)
- Herzversagen, Wassereinlagerungen (Ödeme), niedriger Blutdruck, Kurzatmigkeit, Atemnot
- Krämpfe
- Magen-Darmstörungen
- Müdigkeit, Sehstörungen, Appetitlosigkeit, Konzentrationsschwäche, Muskelrückgang
- Parästhesien – Kribbeln, Taubheit, Einschlafen der Glieder, Kälte und Wärmewahrnehmungsstörungen
- Polyneuropathien der Extremitäten
- Reizbarkeit und Depressionen
- Schlafstörungen, Unruhe
- Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels und Nervensystems
- verringerte Produktion von Antikörpern bei Infektionen.
Die Einnahme größerer Mengen, sei es aus der Nahrung oder durch orale Supplemente, verursacht normalerweise keine Nebenwirkungen. Bei mitochondrialer Dysfunktion wird eine ↗︎ tägliche Zufuhr von 100 – 300 mg Thiamin pro Tag empfohlen, in Kombination mit Riboflavin, Vitamin B12, Magnesium, L-Carnitin, Coenzym Q10 und α-Liponsäure. Insbesondere die mageren Anteile im Schweinefleisch (1 mg/100 g), aber auch Hefe, Getreide (2 mg/100g), Hülsenfrüchte (ca. 0,8 mg/100g) und Kartoffeln sind reich an Thiamin. Lang andauerndes Kochen dieser Nahrungsmittel sollte vermieden werden. Die Aufnahme von rohen Lebensmitteln mit hohem Gehalt des Thiamin-abbauenden Enzyms Thiaminase (z. B. Krustentiere, Sprossen und einige Fische) kann zum Thiaminmangel beitragen oder sogar die direkte Ursache dafür sein. Thiaminase ist jedoch ein hitzeempfindliches Enzym, was das Risiko eines Thiaminmangels erheblich reduziert. Darüber hinaus trägt auch der Konsum von Getränken wie Kaffee, Tee und anderen gerbstoffreichen Getränken zum Thiaminmangel bei. Im Gegensatz dazu, wird die Thiamin-Bioverfügbarkeit durch Säfte aus Zitrusfrüchten erhöht, durch ihren Gehalt an Zitronensäure und Ascorbinsäure. Alkohol verhindert die aktive Aufnahme von Thiamin im Darm um bis zu 50 %, so dass es selbst bei Patienten mit gutem Ernährungszustand zum Thiaminmangel kommen kann, ↗︎ wenn der Alkoholkonsum zu hoch ist.
Auch in der schulmedizinischen Forschung wird den Wirkungen von Thiamin viel Aufmerksamkeit gewidmet. ↗︎ Hier finden Sie eine Übersicht aktueller und abgeschlossener klinischer Studien unter Verabreichung von Thiamin.