Vitamine sind lebenswichtige Stoffe, die der Körper bis auf wenige Ausnahmen nicht selbst bilden kann. Daher müssen sie über die Nahrung – entweder als Vitamine selbst oder als deren Vorstufen (Provitamine) – in adäquater Menge regelmäßig zugeführt werden. Obwohl die globale Ernährungslage heutzutage einfacher und gesicherter ist als vor wenigen Jahrzehnten, ist der Mangel an Mikronährstoffen ein weit verbreitetes Problem, was vor allem an der industrialisierten und denaturierten westlichen Ernährung liegt.
Während Proteine, Fette und Kohlenhydrate dem Körper als Energielieferanten dienen, werden Vitamine nicht zur Energieproduktion genutzt und auch nicht als Baumaterial für Gewebe und Organe. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, Stoffwechselwege zu regulieren und enzymatische Reaktionen zu ermöglichen (z. B. als Cofaktoren). Einige Vitamine haben auch antioxidative Eigenschaften wie Vitamin C und E (Tocopherole, Tocotrienole). Beta-Carotin und die Carotinoide (z. B. Lutein) schützen empfindliche Zellmembranen vor oxidativem bzw. nitrosativem Stress durch freie Radikale, die maßgeblich an degenerativen Prozessen und der Zellalterung beteiligt sind. Außerdem sind Vitamine am Ablauf von Abwehr- und Immunreaktionen beteiligt und haben großen Einfluss auf die Infektanfälligkeit. Für den Menschen sind 13 essenzielle Vitamine bekannt. Sie werden unterteilt in wasser- und fettlösliche Vitamine, wobei sich diese beiden Gruppen bezüglich Aufnahme, Transport, Speicherung und Ausscheidung unterscheiden. Obwohl der Körper nur sehr geringe Vitaminmengen benötigt, führt eine mangelhafte oder fehlende Versorgung zu Mangelzuständen.
Welches sind die wahrscheinlichsten Ursachen eines Vitaminmangels oder eines erhöhten Vitaminbedarfs? Wie erkennt man einen Vitaminmangel?
- Falsche bzw. einseitige Ernährung. Eine gemischte und abwechslungsreiche Ernährung ist Voraussetzung für die optimale Versorgung mit Vitaminen.
- Erhöhter Bedarf in bestimmten Situationen. Dies kann der Fall sein in der Schwangerschaft und Stillzeit, in Phasen starken Wachstums von Kindern und Jugendlichen, in Stresssituationen, bei Rauchern und Alkoholismus.
- Unzureichende Resorption im Darm. Dies kann bei chronischen Durchfällen, entzündlichen Darmerkrankungen oder einer gestörten Darmflora (z. B. durch Antibiotika) auftreten.
- Bei Erkrankungen wie z. B. Schilddrüsenerkrankungen, Infektionen, koronare Herzkrankheiten, chronische Leber- und Nierenerkrankungen oder Krebs besteht ein erhöhter Vitaminbedarf.
- Vegetarische oder vegane Ernährung. Bei diesen Ernährungsformen besteht das Risiko einer Unterversorgung mit Vitamin B12, das in fast allen tierischen Produkten, aber kaum in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten ist. Gelegentlich kann es hier auch zur Unterversorgung mit Vitamin D oder Vitamin B2 kommen.
- Falsche Zubereitung oder Lagerung der Nahrung. Je nach Dauer und Art von Zubereitung oder Lagerung werden Vitamine abgebaut und gehen damit als wertvolle Nahrungsbestandteil verloren. Die Struktur der Vitamine wird weitgehend erhalten durch Einfrieren und kurze Kochzeiten.
- Hohes Alter. Wegen geringerer körperlicher Aktivität und einem reduzierten Grundumsatz haben alte Menschen einen allgemein verminderten Energiebedarf. Der Bedarf an Vitaminen bleibt aber unverändert hoch und durch die reduzierte Ernährung kommt es nicht selten Unterversorgung mit Vitaminen.
- Auch Umweltgifte, Chemikalien, endokrine Disruptoren bzw. Schwermetalle könnten an einem Mangel bzw. erhöhten Bedarf beteiligt sein.
- Erhöhte Verluste können sich durch bestimmte Therapieformen (z. B. Dialyse) ergeben oder durch Wechselwirkungen mit manchen Medikamenten (z. B. Antiazida, Antibiotika, Diuretika, Corticoide, Kontrazeptiva, Psychopharmaka, Schilddrüsentherapeutika).
- Lichtmangel. Vitamin D wird unter Einfluss von UV-Strahlung in der Haut gebildet. Wenn wenig Zeit im Freien verbracht wird oder bei zu geringer Sonnenexposition kann es zu Vitamin-D-Mangelerscheinungen kommen.
In frühen Stadien, bei einem latenten Vitaminmangel, treten nur sehr unspezifische Symptome auf, die nicht leicht als Mangel erkennbar sind. Typisch sind zum Beispiel Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Abgeschlagenheit, ein beeinträchtigtes Kurzzeitgedächtnis, depressive Verstimmung, emotionale Labilität. Erst in fortgeschrittenen Stadien treten charakteristische Symptome auf, die dem Fehlen einzelner Vitamine zugeordnet werden können. Die Diagnostik ist dann meist eindeutig (z. B. Störungen der Knochenmineralisation bei Vitamin D-Mangel oder neurologische Störungen oder Anämie bei Vitamin B-Mangel). Auch eine erhöhte Infektanfälligkeit ist typisch für einen Vitaminmangel (z. B. Folsäure, Vitamin A, B6 oder C).
In der heute beginnenden Vitamin-Serie unseres Newsletters möchten wir Ihnen die wichtigsten Daten und Erkenntnisse zu einzelnen Vitaminen vorstellen. Wir beginnen mit den B-Vitaminen, die in Form ihrer Coenzyme an praktisch allen Stoffwechselwegen beteiligt sind. Sie regulieren den Stoffwechsel von Aminosäuren, Fetten und Kohlenhydraten und sind an der Energiegewinnung der Mitochondrien in Form von ATP maßgeblich beteiligt. Zudem werden sie benötigt für den Aufbau und die Regeneration von Nervenzellen und des Myelins und erfüllen wichtige Funktionen des Immunsystems.